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Zeitzeugenberichte VII

H. P., Berlin   Teil 2

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Die Gelegenheit kam beim Nachtdienst auf dem Turm am Feldscheunenweg. Als der Kamerad einmal den Turm zum Austreten verließ, musste das Schlafpulver in dessen Feldflasche. “Bloß gut, dass ich das Pulver zuerst in die Verschlußkappe gegeben habe. Dadurch erkannte ich mit Schrecken, dass es sich nicht auflöste! Ich schüttete nun die Kappe schnell aus, goß noch etwas Tee aus der Feldflasche darüber und erzählte dem Kameraden, dass ich vor Durst einen Schluck aus seiner Feldflasche nehmen wollte, weil meine leer sei, und dabei dieses Malheur angerichtet hätte. Der bemerkte offensichtlich nichts verdächtiges und nahm die Entschuldigung an. Damit war mein Versuch mit einem Schlafmittel gescheitert, blieb aber unentdeckt.”

Zweiter Fluchtversuch

Ein Wochenendurlaub sollte nun auf folgende Weise zur Flucht genutzt werden. Da Soldaten, die eine weite Heimreise hatten, gestattet wurde, bereits den ersten Zug gegen 4 Uhr vom Bahnhof Hötensleben aus zu benutzen, wollte er sich mit dem ersten Mannschaftswagen bis ins Dorf mitnehmen lassen. Dort hatte er aber die Absicht, sich in der Dunkelheit nicht zum Bahnhof, sondern zur Kippe zu begeben und in der Lücke zwischen Minen- und Hundetrasse, also etwa im Bereich des BT6 im heutigen Grenzdenkmal, durchzubrechen. Doch gleich am Anfang ging alles schief: Man hatte ihn zu spät geweckt, so dass er den ersten LKW verpasste und nun gezwungen war, den zweiten zu nehmen. Weil es jetzt aber bereits zu hell war für einen Grenzdurchbruch, mußte er er nun tatsächlich zum Bahnhof gehen und nach Hause fahren, obwohl er sich innerlich bereits von der Heimat verabschiedet hatte. Zu Hause freute man sich natürlich über sein unverhofftes Erscheinen, von dem Mißgeschick erzählte er aber nichts. Doch auch dieses zweite Pech konnte H. P. nicht von seinem Plan abbringen.

Flucht am 12. Juli 1968

Um das Vorhaben zu verwirklichen, musste er im Grenzdienst eingesetzt werden, was inzwischen zum Problem geworden war, denn in der Küche hatte er sich so bewährt, das der Kompaniechef in unbedingt dort behalten wollte. Seinem Drängen, wieder an die Linie zu kommen, wurde erst nachgegeben, als er sagte, dass er sich auf Grund seiner Küchenposition allerhand Freiheiten auch gegenüber Offizieren herausgenommen und außerdem jeden zweiten Tag das Objekt verlassen und in der Küche der Gaststätte >Zur guten Quelle< Bier getrunken habe. Das alles könne ihm eines Tages vorgeworfen werden und schließlich seine zivile Zukunft verderben. Deshalb möchte er unbedingt aus der Küche heraus und an die Grenze. Ende Mai wurde diesem Wunsche stattgegeben. Im Mai kamen die >Neuen< von der Ausbildung in die Kompanie und der neue Zimmerkamerad K. vertraute ihm an, das er flüchten wolle, sobald das möglich sein würde. H. P. behielt das für sich und mahnte den Kameraden, ja vorsichtig mit solchen Äußerungen zu sein!

Am 12. Juli 1968 war um 17 Uhr Vergatterung, und H. P wurde mit K. zum Posten Feldscheune eingeteilt. Das war ein Wink des Schicksals! Er ließ sich nichts anmerken, räumte aber wie zum Abschied Spind und Bett ordentlich auf. Um 22 Uhr fuhren sie zum Dienst an die Feldscheune. Die Nacht verging mit Anspannung und belanglosen Gesprächen. Das Wetter war gut - aber allmählich nahte die Morgendämmerung! “Gerade als ich mit dem Kameraden Kontakt wegen der Flucht aufnehmen wolle, stand plötzlich eine Offizierskontrollsteife hinter uns. Sie setzten sich unter einen Baum.” War nun wieder alles zunichte? Doch da bekamen die beiden Offiziere von der Führungsstelle den Marschbefehl zum Almersberg und gingen davon. Gott sei Dank, die waren weg, mit einer Störung war vorerst nicht mehr zu rechnen, aber es wurde hell. Jetzt oder nie!

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