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Fluchten - V. Breustedt in Rhoden am 19.05.1980 - II

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Dem im Februar 1966 geborenen Schüler wurde erklärt, dass er auch im Westen die Schule besuchen müsse. V. Breustedt nannte mir ebenso wie seine Mutter Ingeborg Breustedt “schulische Probleme in Bühne, besonders im Russischunterricht” als Grund für seine Flucht. Die Mutter hat bis September 2009 nie mit einem Menschen, auch nicht mit ihrem Sohn, über den Vorfall geredet. Als der junge DDR-Flüchtling in Seinstedt wohnte, kam es einmal zu einem heimlichen Telefongespräch. Als Kontakt-Telefon diente der Apparat von Maria Mosch, die eine Schwester in Hornburg hatte.

“Bevor das Telefonat mit uns erfolgte, sagte Maria Mosch, dass ihr Mann davon nichts wissen dürfe. Sie hat geschwiegen”, informierte Volkmar Breustedts Mutter sichtlich gerührt. Gerhard Dandyk, Ingeborg und Volkmar Breustedt berichteten übereinstimmend, dass es einmal zwischen Mutter und Sohn einen Sichtkontakt mit einem Fernglas vom Kleinen Fallstein nach Rhoden gegeben habe. “Ich trug als Kennzeichen eine weiße Jacke und stand vor unserem Haus, habe aber kein Zeichen gegeben”, ist der Mutter unvergessen geblieben. Für alle Familienangehörigen sei das vor 29 Jahren eine schwere Zeit gewesen. Alle wurden von der Stasi verhört.

Die Mutter weiß noch genau, dass ihr Sohn am 1. Juli 1980 über Marienborn wieder in Rhoden eintraf. Ihr Mann Heinz (verstorben) sagte: “Fahr nach Marienborn. Wenn Volkmar in ein Lager kommt, können wir ihn besuchen.”

V. Breustedt im Sommer 2009 am Fluchtort.
Foto: B. U. Meyer

“Volkmar erinnerte sich in Marienborn an meinen Geburtstag am 2. Juli und schenkte mir vor allen Leuten einen Tag vorher eine Armbanduhr. Sie hat eine besondere Erinnerung”, hob die 77 jährige hervor. Nur sie durfte als Familienmitglied nach Marienborn fahren. “ Mir ging ab Helmstedt durch den Kopf, was passieren könnte”, sagt Volkmar Breustedt sehr ernst. Mutter und Sohn fiel ein Stein vom Herzen, als sie unerwartet Osterwiek und bald danach Rhoden erreichten. Vor dem Haus warteten  der Vater Heinz und fremde Personen.

Der kurzzeitige “Neu-Seinstedter” berichtete locker über seine Flucht. “Als Kinder sind wir oft auf dem Sportplatz vor der Grenze gewesen. Sporte war zweitrangig. Wir sind neugierig gewesen, was sich an der Grenze tat”, erzählte Volkmar Breustedt an der Stelle, an der er 1980 bei einem Gewitter der DDR den Rücken kehrte. Er

musste durch eine “normale Brücke” kriechen und vorsichtig durch den Zieselbach gehen, bis Richtung Hornburg der zweite Grenzzaun kam. “Zwischen dem ersten und zweiten Zaun sind zahlreiche Stolperdrähte im Bach gewesen. Die Halterungen habe ich schnell erkannt”, informierte mich Volkmar Breustedt am Bachrand. Die Flucht durch den Bach habe  “über eine Stunde” gedauert.

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